
Ulm Natürlich - Natürlich Ulm
Der Bildkalender 2024 für Ulm

01 | Das Münster in Zeiten des Klimawandels
Wenn das Thermometer in der prallen Sonne auf dem Münsterplatz auf 37 Grad klettert, freuen sich manche über das Superwetter. Anderen macht die große Hitze zu schaffen. So leiden auch die großen Bauwerke unter dem Klimawandel. Die sehr heißen Sommer und die starken Winde führen zu Spannungen im Gewölbe und der Putz beginnt zu bröckeln.
Am 8. März 2023 um 15.00 Uhr erreichte die Münsterbaumeisterin Heidi Vormann ein kurzer Anruf, dessen Folgen jedoch weitreichend sind. Der Turmwart informierte sie, dass ein Stück Putz aus dem Gewölbe heruntergefallen sei. Eine Besucherin hatte das 120 g schwere Putzstück auf dem Boden entdeckt und bei ihm abgegeben. Eine Spezialfirma hat daraufhin die Decken und Wände des Hauptschiffs überprüft. Bei dieser Überprüfung stellte sich heraus, dass weite Teile der Putzschicht locker waren. Zwischenzeitlich wurden sie abgetragen und die betroffenen Bereiche abgesperrt. Klar ist nun, dass Decken und Wandputzflächen umfangreich saniert werden müssen. Völlig offen aber ist, wie das finanziert werden soll, da das zur Verfügung stehende Budget schon ausgereizt ist. Die Münsterbauhütte hofft nun auf finanzielle Unterstützung durch die Stadt, der Landeskirche und dem Landesdenkmalamt. Auch Spenden sind willkommen.
Das Münster feiert 2027 sein 650-jähriges Jubiläum. Im Laufe dieser Jahrhunderte mussten schon viele Sanierungsarbeiten stattfinden. Der Blick in das südliche Seitenschiff zeigt die erste große Sanierung nach der Katastrophe von 1492. Der Turm fing damals an, sich zu senken und ein Gewölbe stürzte ein. Der Baumeister Burkhard Engelberg erwies sich damals als der Mann der Stunde. Mit 120 Arbeitern war er 15 Jahre lang am Münster tätig. Er stabilisierte nochmals die Fundamente des Hauptturmes, baute ein Verstärkungsbogen am Turm ein, wölbte die Seitenschiffe neu ein und unterteilte sie durch schlanke runde Pfeiler. Diese Pfeiler öffnen sich oben wie Palmwedel und erinnern an einen Palmenwald, der vom wunderschönen Sternengewölbe von Burkard Engelberg überspannt wird.
02 | Die Ulmer Stadtmusikanten
Die Ulmer Stadtmusikanten
Die Bremer Stadtmusikanten kennt jeder, allein schon durch das Märchen der Gebrüder Grimm. Doch die Ulmer Stadtmusikanten sind wenig bekannt. Ihre Geschichte begann im Jahr 1389, als der Rat „drei pfiffern“ = Pfeifern an Pfingsten zwölf Gulden zukommen ließ. Die Stadtmusikanten wurden die „ Stadtpfeiferei“ genannt. Ihre Instrumente waren Schalmeien, Pfeifen, Krummhörner, Posaunen und die große Trommel. Die festangestellten Stadtmusikanten hoben sich deutlich von den fahrenden Spielleuten ab. Sie waren ein Prestigeobjekt der freien Reichsstadt Ulm und die Ensemblegröße bewegte sich zwischen drei und fünf Mitgliedern. Zu ihren Aufgaben gehörte das Aufspielen zu Ehren hoher Gäste und die musikalische Umrahmung bei festlichen Anlässen des Rats mit Tanz- und Tafelmusik. Aber auch bei Bürgermeisterwahlen, Gesetzesverkündigungen, Prozessionen, Grundsteinlegungen, Richtfeiern und festlichen Aufmärschen hatten sie aufzuspielen und sich der Öffentlichkeit in ihren prächtigen Uniformen zu präsentieren. Wie uns schon der Chronist Sebastian Fischer berichtet, zog der Bürgermeister bei der Schwörfeier mit vier Stadtpfeifern in einem festlichen Zug auf den Weinhof. Auch zu Hochzeiten des Adels in der Umgebung wurden sie engagiert. Der Rat war darauf bedacht, dass die Musiker ihre Aufgaben ordnungsgemäß und pflichtbewusst verrichteten und „den Wein in Maßen“ tranken. Ab dem Jahr 1571 wurden sie auch zur musikalischen Umrahmung des Gottesdienstes im Münster beauftragt. Dieser Dienst war bei den Stadtpfeifern nicht sehr beliebt, weil es immer wieder zu Spannungen mit den Kantoren kam, die die Choralgesänge mit den Schülern der Lateinschule einzuüben hatten.
Mit der Aufhebung der freien Reichsstadt 1802 und dem Erstarken der Militärmusik wurde die Stadtpfeiferei 1840 aufgelöst.
03 | Die Pauluskirche – eine feste Burg
Die Pauluskirche – eine feste Burg
Die von dem Architekten Theodor Fischer entworfene Pauluskirche ist der architektonisch bedeutendste Bau im Bereich der Oststadt. Ihre Bauformen sind unkonventionell und eigenwillig. Syrische Bauten dienten Fischer hierbei als Inspirationsquelle. So erinnern die beiden über 50 Meter hohen granatenförmigen Türme an syrische Kuppeln. Diese alten Bauformen wurden von ihm in modernem Baumaterial umgesetzt: Backsteinmauerwerk mit einer Eisenbetonkonstruktion. Für das Gewölbe im Kirchenschiff wurde das erste Mal in Deutschland Sichtbeton verwendet. Auch die beiden Wappentiere der Eingangshalle, der staufische Löwe und der württembergische Hirsch, sind in Beton ausgeführt.
Nach der Errichtung der katholischen Garnisonskirche St. Georg kam es 1905 zur Ausschreibung eines Architekturwettbewerbes für den Bau einer evangelischen Garnisonskirche, die 2000 Sitzplätze umfassen sollte. Theodor Fischers Entwurf überzeugte. 1908 begannen die Bauarbeiten und zwei Jahre später fand die Einweihung statt.
Heute ist die Pauluskirche in erster Linie die evangelische Gemeindekirche in der Oststadt.
Ein besonderes soziales Projekt ist seit Jahren die Vesperkirche. In der Zeit nach Weihnachten erhalten Arme und Bedürftige vier Wochen lang täglich ein warmes Essen. Kamen anfangs nur 70 Personen, kommen heute bis zu 600 pro Tag. Alle, die Hilfe suchen sind willkommen, ob Obdachlose, Prostituierte, Langzeitarbeitslose, Flüchtlinge, Drogensüchtige oder psychisch kranke Menschen. Auch Gutsituierte können gegen eine Spende am Essen teilnehmen. So sitzen Menschen aus allen Gesellschaftsschichten miteinander am Tisch und kommen ins Gespräch.
04 | Gasthof zur Krone
Gasthof zur Krone
Wenn man auf der Stadtmauer unterwegs ist, springt einem sofort das markante rot-weiße Rautenmuster auf der Rückseite der Krone ins Auge. Diese mittelalterliche Fassadengestaltung wurde bei der Sanierung im Jahr 2000 entdeckt und daraufhin wieder in Originalzustand versetzt. Die rot-weißen Farben sind seit dem 13. Jahrhundert die Farben der habsburgischen Kaiser und Könige. Der aus mehreren Gebäudeteilen bestehende Gasthof wird in das Jahr 1320 datiert und war nicht irgendein Gasthof, sondern das erste Haus am Platz.
Es war die Herberge von Kaisern und Königen, die mit großem Gefolge in die Stadt kamen. Mit einer Kutsche, die von zwölf Pferden gezogen wurde, kam der Kaiser in die Stadt. Seine Gemahlin folgte mit einer weiteren zwölf-spännigen Kutsche. Heute beherbergt der ehemalige Pferdestall der Krone ein italienisches Restaurant. Über 30 mal waren Kaiser und Könige in der Krone zu Gast. Wie beliebt die Krone bei den hohen Gästen war, zeigt ein mehrjähriger Ratsstreit um einen Trinkwasseranschluss für den Gasthof. 1555 war Erasmus Rauchschnabel Wirt der Krone, dessen Wappen heute noch im Innenhof zu sehen ist. Mit Unterstützung des damaligen Erzherzogs Ferdinand I., der 1558 seinem Bruder Karl V. als Kaiser folgte, stellte er einen Antrag beim Rat der Stadt für einen Anschluss an die Trinkwasserversorgung. Der Rat war über diese Intervention deutlich verstimmt und teilte Rauchschnabel mit, dass man ihn berücksichtigen werde, sobald man wieder mehr Wasser zur Verfügung habe. 1562 wurde Maximilian II. zum König gewählt. Dieser forderte erneut den Wasseranschluss für Rauchschnabel. Der Rat trat daraufhin am 22. Dezember 1562 zu einer Sondersitzung zusammen. Einziger Tagesordnungspunkt: „Rauchschnabels lebendiges Wasser“, das dann letztendlich genehmigt wurde.
Nicht nur Kaiser und Könige waren zu Gast in der Krone sondern auch Persönlichkeiten wie Johannes Hus, der auf seiner Reise zum Konzil nach Konstanz 1414 in der Krone übernachtete - einer Reise, von der er nie wieder zurückkehren sollte.
05 | Donauschwabenufer
Donauschwabenufer
Seit dem Jahr 1962 heißt das Ufer vor dem Auswanderer-Denkmal offiziell Donauschwabenufer. Dieses
Denkmal wurde 1958 errichtet und erinnert an die über 300 Jahre alte Geschichte von Migration, Flucht und Vertreibung. Auf der mehrere Meter hohen Stele aus Muschelkalksteinquadern ist ein stilisiertes Boot angebracht. Im Boot steht ein Mann, der seine Arme schützend um die Schultern einer auf einem Gepäckstück sitzenden Frau legt, auf deren Schoß ein Kind sitzt. Das angebrachte Kreuz erinnert daran, dass zunächst nur Siedler katholischen Glaubens erwünscht waren. Das Haus Habsburg suchte damals dringend Siedler für die Gebiete an der Donau, die nach den Kriegen gegen das Osmanische Reich leer standen. Es wurde mit vielen Vergünstigungen dafür geworben, wie Finanzierung der Reisekosten ins Ansiedlungsgebiet, Bau eines Hauses, Zuteilung von Ackerboden, Vieh und landwirtschaftlichen Geräten, Steuerfreiheit für mehrere Jahre sowie die Befreiung vom Militärdienst. Gründe für eine Auswanderung gab es genug: große materielle Not verursacht durch die vielen Kriegszeiten, hohe Abgabenlasten sowie Ernteausfälle. Die Reichsstadt Ulm war einer der Sammelpunkte für die Transporte der Emigranten. Oft mussten sie mehrere Wochen auf einen Platz auf einer der Ulmer Schachteln warten. Nach der erfolgreichen jahrhundertelang dauernden Ansiedlung im Banat, in der Batschka und Ungarn wurden die sogenannten „Volksdeutschen“ nach dem Zweiten Weltkrieg aus Jugoslawien und Ungarn ausgewiesen. Im Herbst 1945 kamen die ersten Transporte mit Tausenden von Heimatvertriebenen in Ulm an.
Ulm bleibt der zentrale Erinnerungsort und ist seit mehreren Jahrzehnten Gastgeber der Heimattage der Landsmannschaft der Donauschwaben. Im Jahr 2000 wurde das Donauschwäbische Zentralmuseum eröffnet, das die Geschichte dieser Menschen bewahrt.
06 | Der Löwenbrunnen
Der Löwenbrunnen auf dem Münsterplatz bietet einen ungewöhnlichen, barocken Anblick vor der Kulisse des gotischen Münsters. Auf der schraubenförmig gedrehten Brunnensäule stehen Rücken an Rücken gelehnt zwei Löwen mit blattvergoldeten Mähnen. Der eine hält ein Schild mit dem Reichsadler, der andere das Ulmer Stadtwappen. Der Brunnen, der schon 1597 auf dem Vogelschauplan der Stadt zu sehen ist, erinnert an das ehemalige Löwentor der staufischen Stadtbefestigung im 12. Jahrhundert, die nördlich des Münsterplatzes verlief und sich über den Münsterplatz bis zur Blau hinunter erstreckte. Unterbrochen wurde sie durch das repräsentative Löwentor. Seinen Namen hat es den beiden Stein-Löwen zu verdanken, die über dem Tor angebracht waren. Heute sind sie im Untergeschoss des Stadthauses zu sehen. Der mittelalterliche Münsterplatz war wesentlich kleiner als der heutige. Seit 1229 wurde er von dem mächtigen Baukomplex des Barfüßerklosters beherrscht, das weit über die heutige Bebauungsgrenze des Stadthauses in den Platz hineinragte. Nach alten Ansichten herrschte auf dem Platz eine gemütliche Atmosphäre mit den Trödlerläden an der nördlichen Klostermauer. Der Brunnen diente auch zeitweilig als Pferdetränke. Mit der Vollendung des Münsterturms im 19. Jahrhundert sollte das Münster, mit dem nunmehr höchsten Kirchturm der Welt, einen angemessenen Platz erhalten. Das Barfüßerkloster wurde abgebrochen, der Löwenbrunnen abgebaut und im städtischen Bauhof untergebracht. 1914 wurde er jedoch wieder aufgebaut, allerdings nicht am ursprünglichen Standort, sondern nördlich des Münsters, wo einst die alte Bauhütte stand. Nachdem Kopien von Säule und Löwen angefertigt waren, kamen die Originale ins Museum. Im Zweiten Weltkrieg wurden die Figuren stark beschädigt, so dass zum Schluss nur noch der untere Teil der Säule im Steintrog stand. Der Ulmer Steinmetz Franz Dornacher erhielt in den 1960er Jahren den Auftrag, die beschädigten Löwen neu anzufertigen. Im selben Jahr wurden sie in einem gusseisernen Becken der Ulmer Eisengießerei Hopf aufgestellt. Mit der Neugestaltung des Münsterplatzes 1992 durch Richard Meier wurden die ursprünglichen Fundamente freigelegt und heute steht der Löwenbrunnen fast wieder an seinem Originalstandort.
07 | Ulmer Volksfest
Ulmer Volksfest Rund um die Feierlichkeiten des Schwörmontags findet das Volksfest in der Friedrichsau statt. Die Geschichte des Volksfestes begann im Jahr 1429, als Kaiser Sigismund den Ulmern das Recht erteilte, einen Jahrmarkt abzuhalten. Damit ist das Ulmer Volksfest 600 Jahre alt und somit sehr viel älter als das Münchner Oktoberfest oder der Stuttgarter Wasen. Die ehemalige „Ulmer Mess“ zog jahrhundertelang Fernhändler aus vielen Orten in die Stadt an der Donau. Seit 1962 findet sie als Ulmer Volksfest in der Friedrichsau statt. Im Umkreis von 75 Kilometern um Ulm ist es das größte Fest. Seit 2019 dauert es 17 Tage. Über 80 Schaustellerbetriebe sorgen mit den neuesten und spektakulärsten Fahrgeschäften für Vergnügen und Nervenkitzel. Die größte Neuheit, die Ulm je gesehen hat, ist das Riesenrad. Mit seinen 50 Metern Höhe übertrifft der sogenannte „Movie-Star 2“ seinen Vorgänger um 10 Meter – neuer Rekord in Ulm. Das Besondere am Volksfest ist das Konzept des Festes: es ist ein Volksfest für die ganze Familie. Mit verschiedenen Veranstaltungen wie „Rainbow Monday“, an dem eine Party in Regenbogenfarben stattfindet oder speziellen Kindertagen, an denen die Schausteller ihre Fahrgeschäfte zum halben Preis anbieten, wird für jeden etwas geboten. Bei einem Ausklang im Almhüttendorf mit zünftigem Biergarten ist für das leibliche Wohl gesorgt.
08 | Die Wilhelmsburg
Die Wilhelmsburg
Alles begann auf dem Michelsberg. 1842 fand dort der erste Spatenstich der Wilhelmsburg statt. Gemeinsam mit der Wilhelmsfeste bildet sie die Zitadelle der Bundesfestung. Sie war das stärkste Werk der gesamten Festung und als letzter Rückzugsort für bis zu 10.000 Soldaten gedacht. Die Bundesfestung wurde zwischen 1842 und 1859 gebaut und ist Deutschlands größtes, erhaltenes Festungsensemble.
Verschiedene Regimenter und Einheiten hatten ihre Unterkunft in den 570 Räumen der Burg. Nach dem Zweiten
Weltkrieg wurde sie zum Flüchtlingslager, zeitweise lebten hier bis zu 3000 Menschen. 1956 zog die neu aufgestellte Bundeswehr ein. Bis 1970 waren noch Soldaten in den Kasematten untergebracht. Seitdem stehen die meisten Räume leer. 1986 hat die Stadt Ulm die Wilhelmsburg zu einem symbolischen Wert von einem Euro erworben. Da sie zu einem Projekt von besonderer nationaler Bedeutung eingestuft wurde, erhält Ulm seit einigen Jahren Fördergelder vom Staat für die Erschließung der Burg. Grundvoraussetzung für eine Nutzung waren bessere Zugänge, die in den vergangenen Jahren durch erhebliche Baumaßnahmen ermöglicht wurden. Davon profitiert hat das Theater Ulm, das die Räumlichkeiten alle zwei Jahre als Spielstätte nutzt und dort Vorführungen auf der Freilichtbühne präsentiert. Im Jahr 2030 wird Ulm nach 50 Jahren wieder eine Landesgartenschau ausrichten. Die Wilhelmsburg wird dabei eine zentrale Rolle spielen und soll als Kulturstandort belebt werden. Spannend bleibt die Frage, ob der Zugang von der Stadt aus per Seilbahn oder Zahnradbahn erfolgen soll.
Beides stand ja schon mal zur Diskussion.
09 | Street Art in der Olgastraße
Von der Backsteinfassade der alten Turnhalle des Kepler Gymnasiums grüßen zwei aus der Zeit gefallene Herren: Johannes Kepler und Alexander von Humboldt. Zwischen den beiden sind Sterne und Planeten zu sehen.
Meistens wird Street Art mit Illegalität in Verbindung gebracht. Diese Graffitis der Sprayer Szene in Ulm sind jedoch ganz legal und von der Kulturabteilung der Stadt Ulm beauftragt. Das Künstlerduo Chris und Milo, das sich „partner in paint“ nennt, hat sein Studio in der ehemaligen Kepler Turnhalle eingerichtet. Beide kennen sich schon aus der Schulzeit und haben vor 20 Jahren mit dem Sprayen begonnen. Fünf bis sechs Jahre braucht man um diese Technik zu lernen, dann entwickelt sich erst der persönliche Stil. Graffiti können viele Aussagen haben. Ein wichtiger Bestandteil ist Widerstand gegen das politische System, gegen Normen oder Besitzverhältnisse. Seit einiger Zeit werden sie auch als Kunstform angesehen und sind ein Zeichen dafür, dass die Stadt bunt und vielfältig ist. Diese Art von Kunst reicht bis in die römische Antike zurück. Graffitis waren Teil des Kommunikationsnetzwerkes der damaligen Welt und hatten niemanden gestört. Besonders berühmt sind die 5600 erhaltenen Graffitis aus Pompeji. Die ganze Stadt war übersät davon. Die mit Griffel, Kreide oder Kohle erzeugten Kritzeleien wurden durch den Ausbruch des Vesuvs für die Ewigkeit erhalten.
Graffiti-Kultur ist auch nur da möglich, wo ein freiheitlich-demokratischer Raum besteht.
In einer totalitären überwachten Stadt wird man keine Graffitis finden.
10 | Donaucenter in Neu-Ulm
Donaucenter in Neu-Ulm
Wer am Ufer der Donau entlangspaziert oder radelt, kommt nicht an ihm vorbei: das Gebäude des Donaucenters mit seiner Höhe von 54 Metern ist ein Gigant und beeindruckt nicht nur durch seine Größe, sondern auch durch seine Architektur. Mit seinen stufenförmig angelegten Terrassen sieht es aus der Ferne aus wie ein riesiges Kreuzfahrtschiff, das versehentlich auf der Donau gelandet ist. Viele finden es hässlich oder überdimensioniert.
Das Donaucenter vermittelt jedoch den Zeitgeist der 1970er Jahre. Das technisch Machbare war damals die Grenze. Das 18 Stockwerke und 500 Einwohner zählende Gebäude sollte einen Gegenpol zur historischen Ulmer Stadtkulisse darstellen. Es ist als eine Art Stadt in der Stadt entstanden, so wie in größeren Dimensionen
die Wolkenkratzer. Theoretisch findet sich in diesem Gebäude alles was man zum Leben braucht. Man kann hier wohnen, in einem Laden, Apotheke oder Supermarkt einkaufen oder arbeiten. Allerdings treten in Hochhäusern wie dem Donaucenter auch immer wieder mal Probleme auf. 2013 wurde in den Wasserleitungen eine hohe Konzentration von Legionellen festgestellt. Seit nun mehr zehn Jahren arbeitet man hier an Lösungen. Monatelang herrschte auch Duschverbot. Mit dem Anschluss an das Fernwärmenetz und dem Einbau von
Spülanlagen schien das Legionellenproblem endgültig beseitigt. Meinte man, denn 2021 tauchten sie wieder auf. Nach gut 50-jähriger Lebensdauer war die Fassade des Gebäudes sanierungsbedürftig, weshalb sie seit 2020 in verschiedenen Abschnitten saniert wird. Balkone und Geländer werden komplett erneuert.
Die gesamte Fassade wird nun bald in neuem Glanz erstrahlen und moderner denn je aussehen.
11 | Das Tropenhaus im Tierpark Ulm
Das Tropenhaus im Tierpark Ulm
Vielen Ulmern/Innen ist der Tiergarten in der Friedrichsau lediglich als „Aquarium“ bekannt. Aber er ist schon lange nicht mehr nur ein „Aquarium“. Mit seinen verschiedenen Revieren wie Aquarium, Terrarien, Tropenhaus, Volieren und dem Außengehege mit Ziegen zum Streicheln und Füttern erfüllt er alle Auflagen eines Zoos. Trotzdem heißt er ganz bescheiden „Tiergarten Ulm“. Angefangen hat alles 1927 mit einem Affengehege sowie Volieren für Fasane und andere Vögel in einem Schuppen zwischen den beiden Gesellschaftsgärten Liederkranz und Hundskomödie. 1935 begann man dann mit der Einrichtung eines kleinen Tierparkes. Seit 1939
existierte ein Bärengehege. Die sonntäglichen Spaziergänge mit den Kindern zu den Braunbären waren bei den Ulmern sehr beliebt. Als die letzte Bärin „Susi“ 2019 starb, herrschte deshalb große Trauer in der Stadt. Während des Zweiten Weltkrieges wurde der Tiergarten geschlossen, weil die Versorgung der Tiere nicht mehr gewährleistet werden konnte. Nach dem Krieg begann man wieder mit einer Aquarien- und Terrarienschau. Im Zuge der Landesgartenschau wurde 1980 das Tropenhaus eröffnet. Es ist seitdem das Zuhause zahlreicher wärmeliebender Stauden und Bäume, die für das richtige Klima sorgen. Tierische Highlights für die Besucher/Innen sind die Affen und Krokodile. Zu diesem Revier gehören auch die Freiflugvolieren und allen voran: die beliebte Erdmännchen-Bande. Kuschelige 20 bis 30 Grad und mindestens 50 % Luftfeuchtigkeit: diese Bedingungen im Tropenhaus gefallen nicht nur den Affen, Krokodilen und Schildkröten, sondern auch Kaffeepflanzen.
Im tropischen Klima wachsen sie besonders gut. Rote, ovale Früchte hängen an den Kaffeesträuchern, unter denen sich Krokodile räkeln. Bei einem Besuch im Tropenhaus kam ein Neu-Ulmer Kaffeeröster ins Staunen, als er diese Kaffeepflanzen der Sorte Coffea Arabica entdeckte. Ist es doch der Traum eines jeden Kaffeerösters, eine Kaffeekirsche von der Ernte bis zur Tasse zu begleiten. Für Kaffeeröster Marius Geiselhart ging er in Erfüllung. Susanne Münster, Gärtnerin im Tiergarten, erntete 1,3 kg Kaffeekirschen, die er weiter verarbeitete.
Der Weg von der Kaffeekirsche zum fertigen Kaffee ist aufwendig und dauert. Erst nach wochenlangem Trocknen konnte Geiselhart die Bohnen rösten. Die ersten Tassen mit dem hochexklusiven Getränk wurden dann kaffeelöffelweise verkostet und reichten für 20 doppelte Espressos.
12 | Weihnachtsmarkt in Ulm
Weihnachtsmarkt in Ulm
Der Ulmer Weihnachtsmarkt feiert in diesem Jahr sein 40-jähriges Jubiläum. Was einst als Wintermesse begann, hat sich seit 1984 zu einem der schönsten Weihnachtsmärkte Deutschlands entwickelt. Dicht an dicht drängen sich die liebevoll weihnachtlich dekorierten Buden auf dem Münsterplatz. Selbst jemandem, der nichts mit Weihnachten am Hut hat, wird es warm ums Herz beim Bummel durch die Knecht Ruprecht-Gass, Nikolaus-Gass und Christkindles-Gass. Düfte von gebrannten Mandeln, Bratwurst und Glühwein liegen in der Luft und wecken
Kindheitserinnerungen. Die Adventszeit ist die Zeit von Glühwein, Grog und Punsch. Angeboten werden die heißen Getränke seit 1986 in mit Ulmer Motiven verzierten, schönen Porzellantassen. Gerne wandern die gebrauchten Tassen als Andenken in die Taschen. Doch legal ist das nicht, denn durch das bezahlte Pfand wird die Tasse nicht zum Eigentum. Wer aber beim Standbetreiber nachfragt, dem wird sicher der Wunsch erfüllt. Die Tassen mit ihren hübschen Motiven sind ja auch eine gute Werbung für den Ulmer Weihnachtsmarkt. Mit der Rückgabe der Tassen war der Weihnachtsmarkt übrigens Vorreiter in Sachen Mehrweggeschirr. Seit Januar 2023 gilt auch in Ulm die Mehrwegpflicht, d.h. das Mitnehmen von Speisen und Getränken muss in Mehrwegverpackungen erfolgen. Auf dem Weihnachtsmarkt wird schon Mehrweggeschirr angeboten, seitdem der Münsterplatz in den 1990er Jahren an Wasser und Strom angeschlossen wurde. Das war ein gewaltiger Fortschritt bei einer Million Besuchern jährlich.
Gewürzten Wein tranken bereits die Römer. Das älteste bekannte Glühweinrezept stammt aus Sachsen, als Graf August Josef Ludwig von Wackenbarth im Winter 1843 nach einem Getränk suchte, das die Kälte vergessen macht und das Herz erwärmt.
ÜBER UNS
Diese Kalenderprojekt entsteht in Zusammenarbeit der Ulmer Citymarketing und der Druck und Medien Zipperlen GmbH.
2023 haben wir gemeinsam zu einem Fotowettbewerb aufgerufen und die Gewinnerbilder in diesem Kalender veröffentlicht.
Natürlich bereichern auch in diesem Jahr die wundervollen und interessanten Texte von Ulrike Häufele den Kalender.
Viel Spaß beim Schmökern und Bilder geniessen!
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