#Ulmer Momente
Der Bildkalender 2023 für Ulm
01 | ZUNFTHAUS, SCHMALES HAUS UND GASTHAUS ZUR FORELLE
Das im Sommer so viel frequentierte Fischerplätzle mit angrenzender Fischergasse verbreitet im Winter ohne
Schnee eine eher triste Stimmung. Als Ulm sein Stadtgebiet um 1316 erweiterte, lag dieser Teil des Fischerviertels
außerhalb der Stadtmauer. Diese Stadtmauer führte vom Fischerturm im Bereich der heutigen Wilhelmshöhe
an der Donau über den Saumarkt und die Häuslesbrücke bei der Forelle fast rechtwinklig auf die
Staufermauer aus dem 11. Jahrhundert zu. Das heutige Fischerplätzle war zu dieser Zeit ein kleiner Donauhafen
- „Gumpen“ genannt. Von der Aussage des ersten Chronisten Felix Fabri ausgehend, verfügte dieses Viertel
über keinen guten Ruf - vergleichbar eben mit den Hafenvierteln jeder anderen Stadt. Erst mit dem Bau der
äußeren Stadtmauer um 1480 wurde auch dieser Teil der Stadt geschützt. Etwa um diese Zeit wurde das „Zunfthaus
der Schiffleute“ für den Fischer Erhard Heilbronner gebaut. 1977 wurde bei der Sanierung des Hauses
der vier Meter hohe Hallenraum wieder freigelegt, der den Fischern und Schiffsleuten im Winter als Lagerraum
für ihre Zillen diente. Im oberen Stockwerk lagen ihre Wohnungen. Seit 1977 wurde aus der ehemaligen Lagerhalle
der Zillen ein heute sehr beliebtes Gasthaus. Im Obergeschoss hat der Schifferverein seinen Sitz.
Hier werden die Requisiten für das Fischerstechen aufbewahrt.
Daneben liegt das einzigartige „Schmale Haus“ mit einer Höhe von 16 Metern und einer Breite von 4,63 Metern.
Erbaut wurde dieses Giebelgebäude um 1600. Wer nicht über viel Geld verfügte, baute im Mittelalter möglichst
schmal, dafür aber hoch. Denn die Höhe der Grundsteuer richtete sich immer nach der bebauten Fläche. Im
Jahr 2002 und 2015 fanden umfangreiche Sanierungen in dem Gebäude statt. Seitdem wird es als Frühstückspension
betrieben und verfügt über drei Gästezimmer.
Das älteste Gasthaus im Fischerviertel ist die „Forelle“. Die Forelle wird auch „Häusle“ genannt, von der die
„Häuslesbrücke“ ihren Namen hat. 1626 hat Jakob Schwenk, Wirt und Fischer, vom Rat die Erlaubnis erhalten,
hier Leute zu bewirten. Der Name Forelle geht auf den Wirt Johannes Kleinknecht im Jahr 1695 zurück. Kurios
ist die heute noch in der Erdgeschosswand unter dem zweiten Fenster rechts steckende Kanonenkugel aus der
Zeit der Belagerung Ulms im Jahr 1805 durch Napoleon.
02 | WEISSER ZIRKEL
Die neue Tiefgarage am Bahnhof
Nach fünfjähriger Bauzeit wurde am 9. April 2022 die neue 60 Millionen teure viergeschossige Tiefgarage am
Bahnhof eröffnet. Jahrelang hatten die Bauarbeiten an der Tiefgarage für erhebliche Verkehrsbehinderungen
gesorgt. Für die Verkehrsplaner bedeutete der Bau der neuen Tiefgarage einen Riesenkraftakt. Ziel war immer
den Baubereich nicht abzusperren, sondern für Fußgänger und Autofahrer offen zu halten. So wurden wöchentlich
Fußgänger und Autofahrer durch neue Wege durch die Friedrich-Ebert-Straße gelotst.
Jede Etage der hochmodernen Tiefgarage zeichnet sich durch eine andere Farblichkeit und Schwerpunkte aus.
Die Geschichte der Stadt wird erlebbar gemacht, sowie Informationen zu Ulmer Technik, wissenschaftlicher
Forschung und Ulmer Kultur anhand von seitlich befindlichen Leuchtbändern vermittelt. Die Stromversorgung
sowie die 32 E-Ladepunkte wurden in den Leuchtbändern integriert. Die neue Tiefgarage verfügt über insgesamt
547 Parkplätze, darunter Familienstellplätze und Frauenparkplätze.
Für die Ein- und Ausfahrtsspindeln hat das Berliner Künstlerduo Ankele Henning die Lichtinstallation „Weißer
Zirkel“ entworfen. Spiralförmig angeordnete goldglänzende Lichtringe, die sich scheinbar in schwereloser Balance
fließend langsam entgegen der Fahrtrichtung rotieren.
Die neue Tiefgarage ist nicht nur ein Parkhaus, sondern die Mobilitätsdrehscheibe zwischen Bahnhof und Stadt.
Reisende können trockenen Fußes den Zug erreichen bzw. abgeholt werden, Touristen können bequem über
die unterirische Passage in die Stadt gelangen.
Mit der neuen Tiefgarage, der Neugestaltung des Bahnhofsplatzes und der geplanten neuen Gestaltung des
Bahnhofgebäudes hat Ulm wieder eine attraktive zukunftsfähige Bahnhofssituation.
03 | SONNWENDPLATZ
Sonnwendplatz in Ermingen
Die Hochsträßgemeinde Ermingen ist eigentlich bekannt durch den 168 Meter hohen Fernsehturm der von weithin
sichtbar ist. Doch Ermingen hat weit mehr zu bieten. Denn wer kennt schon das „Stonehenge“ von Ermingen?
Ende 1989 wurde die Idee geboren, einen Sonnwendplatz zu realisieren. Die wissenschaftliche Vorgabe war
der magische Steinkreis in Südengland. Dieser geheimnisvollen heidnischen Kultstätte, deren Anlage auf die
Sonnwende ausgerichtet ist. Beim Erminger “Miniatur Stonehenge“, handelt es sich um 12 aufrechtstehende
Stelen, die für die 12 Monate des Jahres stehen. Die Stelen sind kreisförmig in einem Radius von 12 Metern
angeordnet. So wie beim echten Stonehenge in England, werden an den Tagen der Sommer- und Wintersonnenwende
innerhalb des Steinkreises bestimmte Punkte durch das steinerne Tor angestrahlt. Auf diesem Platz wird
am ersten Fastensonntag auch das Abbrennen des Funkenfeuers abgehalten. Das Funkenfeuer ist ein alter
heidnischer Brauch mit dem die Geister des Winters vertrieben werden sollen. Der Sonnwendplatz gehört zum
Naherholungsgebiet Hochsträß. Zu diesem Gebiet gehört auch die über die Landesgrenze hinaus bekannte
Turritellenplatte. Die Turritellenplatte ist eine Fundstelle von fossilen Ablagerungen des Molassemeeres, das
vor 20 Millionen Jahren die Erde bedeckte. Finden lassen sich hier direkt unter der Erdoberfläche Millionen von
streichholzlangen Turmschnecken – turritella turris.
04 | DIGITAL WALL
Digital Wall – eine Stadtmauer zum Staunen
Aufgrund der Corona Pandemie konnte der 250. Geburtstag von Albrecht Berblinger im Jahr 2020 nicht so
gefeiert werden wie geplant. Deshalb fand das Highlight des Jubiläums mit der Illuminierung der historischen
Stadtmauer erst im Mai 2022 statt. Auf einen Kilometer Länge wurde die Stadtmauer auf beiden Seiten der
Donau zu einem leuchtenden, klingenden Gesamtkunstwerk. Mit 39 in Reihe geschalteten Hochleistungsbeamern
wurde die weltweit längste zusammenhängende Panorama-Videoprojektion geschaffen. Visuelle und
akustische Effekte, sowie anspruchsvolle Themen, die sich der Vergangenheit und der Zukunft widmeten,
machten die digitale Stadtmauer zu einem unvergesslichen Erlebnis. Eine eigens für das Projekt komponierte
Musik entstand unter Mitwirkung des Motettenchores der Münsterkantorei.
Dass den Fledermäusen, die in der Stadtmauer wohnen, diese akustisch untermalten Bilder nicht gefallen
würden, liegt auf der Hand. Da der Stadt Ulm aber der Artenschutz wichtig ist, wurde die Lichtinstallation an
den drei Spieltagen dem Ruhebedürfnis und dem Schlafverhalten der Fledermäuse angepasst. Zudem standen
Fledermausexpert*Innen am Infopoint Höhe Metzgerturm zur Verfügung, um die Thematik zum Verhalten der
Fledermäuse zu erklären.
Umgesetzt wurde die Digital Wall vom Künstlerkollektiv wittmann/ zeitblom & Liebert aus Berlin.
05 | SAUMARKT
Der Saumarkt im Fischerviertel
Das Herzstück des Fischerviertels ist der Saumarkt. Ab 1808 heißt zwar der Platz offiziell Schweinmarkt, aber
im Volksmund immer noch Saumarkt. Seit Beginn des 18. Jahrhunderts wurden Schweine auf dem Platz zwischen
Fischergasse und Wilhelmshöhe gehandelt. Damals, heißt es, reichte der Platz kaum aus, um allen Bauern
mit ihren Ferkeln Platz zu bieten. Dieses Getümmel muss man sich mal vorstellen, ganz zu schweigen von
dem strengen Geruch und den Hinterlassenschaften der Ferkel. In den 1960er Jahren kam der Schweinehandel
zum Erliegen und wurde eingestellt. 1976 wurde der Saumarkt von der Metzgerinnung wieder neu entdeckt
und zusammen mit den Bäckern und Brauern wollten sie an die Geschichte dieses Platzes erinnern. Von da an
gab es dann den Zunftschmaus der Metzger, Bäcker und Brauer - ein großes Fest – das zwei Tage dauert und
den Auftakt der Sommerfestsaison in Ulm bildet. Zum 25. Zunftschmaus 2001 wurde die Bronzeskulptur von
der Metzger-, Bäcker,- und Brauerzunft gestiftet. Die Skulptur zeigt den Bauer und den Metzger beim Handel
um die Sau. Die Inschrift lautet echt schwäbisch: „Dr Metzger ond dr Baur beim Handl om dui Sau“. Der Bauer
wird in seiner typischen Älblertracht dargestellt und hält in der linken Hand noch eine angebissene Brezel in
Anlehnung an die Bäckerzunft. Der Metzger trägt seine Arbeitskleidung mit der Lederschürze. Es ist eine alte
Tradition, diesen Handel mit Handschlag zu besiegeln. Wenn man sich einig ist über den Preis, gibt es den
Handschlag und der Handel ist perfekt. Beim Viehhandel gilt dies als Kaufvertrag.
Der Saumarkt gilt auch als das Zentrum der „Räsen“, wie sich die Fischer- und Schiffsleute und deren Nachfahren
mit Stolz heute noch nennen. „Räs“ bedeutet frei übersetzt „rau“ und bezeichnet den Umgangston zwischen
diesen Handwerksleuten. Einer von ihnen, Wilhelm Molfenter begrüßte 1871 die aus dem deutsch-französischen
Krieg heimkehrenden Soldaten auf seine Weise. An einem Flößerseil befestigt, hängte er ein Bild des
Reichskanzlers Bismarck aus dem Fenster mit einem Spruch versehen: „auch auf dem Markt der Säue wohnt
echte deutsche Treue und hier an diesem Strick hängt Deutschland höchstes Glück“. Das Bismarckbild musste
er wieder abhängen, doch der Spruch ist heute noch in Stein gemeißelt am Haus Schweinmarkt 3 zu sehen.
06 | FISCHERSTECHEN UND FISCHERTANZ
Das Fischerstechen findet normalerweise alle vier Jahre immer an den beiden Sonntagen vor Schwörmontag
statt. Eröffnet wird das Fischerstechen durch die Vorsitzende des Schiffervereins, Susanne Grimmeiß. Nach
den Begrüßungsworten beginnt der Festzug der Fischer durch Ulm statt. Die 500-jährige Tradition wird durch
Trommelschlag der Tambours in roten Uniformen begleitet. Alle gespielten Märsche sind mittelalterlichen Ursprungs.
Der Ulmer Fischermarsch ist so etwas wie die Ulmer Nationalhymne. Es gibt hierzu einen gedruckten
Text und einen ungedruckten. Die mündlich überlieferte Fassung entspricht eher dem Ulmer und seiner Lebensauffassung:
„Leck me henda, leck me vorna, leck me kreuzweis am Arsch, das ist der Ulmer Fischermarsch“.
Der Personenkreis, der am Fischerstechen und somit auch am Umzug teilnehmen darf, wird streng nach alten
Regeln ausgewählt. Teilnehmer des Festzugs sind die Weißfischer in ihren weißen Gewändern mit hohen grünen
Hüten – sie bilden die Kernmannschaft des Festzuges. Die Schiffsleute, die die Zillen fahren, tragen ebenfalls
weiße Gewänder aber mit grünen Hosenträgern. Farbenprächtig sind die Fischerfrauen mit ihren schönen Kostümen
und der berühmten Ulmer Goldhaube auf dem Kopf anzuschauen. Die Goldhauben dürfen nur verheiratete
Frauen tragen – sie kamen schließlich schon unter die Haube. Die Fischermädchen, „Kirchweihjungfern“
genannt, die mit 24 Weißfischern das Menuett tanzen, dürfen lediglich das schwarze Samtvisier tragen. Hinzu
kommen die verschiedenen Figurenpaare, die alle in der Geschichte Ulms eine wichtige Rolle gespielt haben.
Ein wesentlicher Bestandteil des Umzuges bildet die traditionelle historische Tanzgruppe mit Bauer, Bäuerin
und den beiden Schalknarren. Herrlich anzusehen die Bäuerin – ein Mann in Frauenkleidern mit langen roten
Zöpfen. Die beiden Schalknarren mischen sich in den Tanz der beiden ein um das Paar vom Land zu ärgern.
Der eine Narr lenkt den Bauern ab, während der anderes sich die Bäuerin schnappt, die nun mit ihm weitertanzt.
Der Bauer merkt das schließlich, droht dem Narren und holt sich seine Bäuerin wieder zurück. Der Spaß, den
alle Beteiligten an dieser Aktion haben, steht ihnen ins Gesicht geschrieben. Grundsätzlich dürfen keine Frauen
am Stechen teilnehmen, sensationell war deswegen im Jahr 2022 die Teilnahme einer Frau, die erstmals als
Zillenfahrerin tätig sein durfte.
07 | DLRG
Mit Sicherheit beim Nabada dabei! So viele Leute auf der Donau wie nie – so viele Rettungseinsätze wie nie. Von Schnitt- und Brandwunden, bis zu Kreislaufproblemen, Personen die vorm Ertrinken gerettet werden müssen und vermissten Personen. Für die DLRG bedeutet das Nabada der Großeinsatz des Jahres. 100 Helfer*Innen sorgen für die Sicherheit auf der Donau. Ihr Einsatz beginnt am Schwörmontag bereits um 06.30 Uhr mit Absicherung des Aufbaus der Themenschiffe. Auf dem Foto ist ein DLRG -Strömungsretter zu sehen. Ein Strömungsretter ist ein auf fließendes Gewässer spezialisierter Wasserretter. Durch eine spezielle Schutzausrüstung wird er vor den besonderen Gefahren im strömenden Gewässer geschützt. Die immer wiederkehrenden Starkregenereignisse in Deutschland haben gezeigt, wie groß der Bedarf an gut ausgebildeten Einsatzkräften ist. Wie schnell kann ein bislang ruhiger Bach oder Fluss bei Unwetter zu einem reißenden Gewässer werden. Ein klassisches Motorrettungsboot mit Rettungsschwimmern hat hier keine Chance. Die Donau hatte beim letzten Nabada zwar keine große Strömung, trotzdem waren Strömungsretter im Einsatz, um die Boote vom Aufprallen an die Brückenpfeiler zu bewahren. Beheimatet sind die Einsatzkräfte im neuen Wasser-Rettungszentrum am Neu-Ulmer Donauufer. Dieses Gebäude wurde im Mai 2022 eingeweiht und gilt als Deutschlands erstes und modernstes Wasser-Rettungszentrum. Eine weitere Besonderheit: das Ulmer DLRG Wasser-Rettungszentrum steht auf bayerischem Hoheitsgebiet. Es steht also auch für die hervorragende länderübergreifende Zusammenarbeit. Hier werden TaucherInnen und Strömungsretter ausgebildet, sowie Schwimmkurse abgehalten. Sorge bereitet, dass immer weniger Kinder schwimmen können. Nicht von ungefähr war deswegen das Überraschungspaar beim letzten Fischerstechen: ein kleiner Corona - Nichtschwimmer gegen einen Rettungsschwimmer der DLRG. Die Schüler*Innen des Albert- Einstein Gymnasiums in Wiblingen haben dieses Paar kreiert und nahmen dabei Bezug auf die Corona Pandemie während der viele Schwimmkurse nicht stattfinden konnten.
08 | BERBLINGER
Hoch hinaus um weit zu fliegen
Einer der schillerndsten Figuren der Ulmer Stadtgeschichte ist der Schneider Albrecht Berblinger, der als Flugpionier
Geschichte machte. In unmittelbarer Nähe seiner Absprungstelle an der Adlerbastei zum Flugversuch
über die Donau, befinden sich nun gleich drei Kunstwerke, die an ihn erinnern.
Nach dem hohen, filigranen Turm auf der Adlerbastei, der Schere als „Schneidersymbol“ an der Stadtmauer
unten, nun auch noch 15 Flügelpaare, die sich im Wind wiegen. Im Sommer 2022 – kurz vor Schwörmontag hat
der bekannte Ulmer Künstler Ralf Milde 15 Flügelpaare aus transparentem Kunststoff auf einer Wiese in unmittelbarer
Nähe der Adlerbastei installiert. Die Flügelpaare, die leicht und luftig wirken, haben jeweils eine
Spannweite von 3,20 Meter und sind in unterschiedlicher Höhe an 10 Meter hohen Stangen angebracht. Die
Verankerung auf einer abschüssigen Wiese bedeutete eine große Herausforderung für Ralf Milde und seinen
Partner Otto Burgi. Ob es die bunte Spatzen-Invasion oder die umstrittenen Löwenmenschen waren – seine
Installationen sind immer wieder ein Hingucker und sorgen für Diskussionen. Allein schon deswegen sind sie
eine Bereicherung im städtischen Raum. Leider haben die Flügelpaare auf der Donauwiese nur einen temporären
Standort gefunden. Genau wie bei der Spatzen-Aktion sind auch die Flügelpaare käuflich zu erwerben –
die Besitzer können sie mit nach Hause nehmen und in den Garten stellen. Kunst finanziert sich eben leider
nicht von allein.
09 | DELPHINBRUNNEN
Der Delphinbrunnen auf dem südlichen Münsterplatz ist der schönste historische Brunnen von Ulm. Der kunstvoll
gestaltete Renaissancebrunnen aus dem Jahr 1585 wurde von Wolfgang Neidhard gearbeitet und 1678
von dem Kupferschmied Josef Claus und 1770 von Christof Leipheimer überarbeitet. Die drachenähnlichen,
aus Bronze gearbeiteten Delphinfiguren, die sich um den Neptun winden, spritzen aus 52 Düsen sich überkreuzende
Fontänen. Ursprünglich war der Delphinbrunnen keine Trinkwasser-Entnahmestelle sondern war als
„Wasserverteiler“ im Glockenbrunnenwerk am Frauentor eingesetzt. Diese Brunnenwerke waren das Herzstück
der reichsstädtischen Wasserversorgung. Sie lagen am Wassergraben vor der nördlichen Stadtmauer. Mit Hilfe
von Pumpen, die mit Wasserrädern angetrieben wurden, gelangte sauberes Grundwasser in den Wasserverteiler,
der im zweiten Stock des Hochbehälters stand. Von dort wurde das Wasser über ein weitverzweigtes
Rohrsystem auf die Brunnen der Stadt verteilt. Diese „Röhrenkästen“, wie man die Brunnen nannte, wurden
also stets mit sprudelndem „lebendigem Wasser“ versorgt. Diese Technik der Trinkwasserversorgung in der mittelalterlichen
Stadt war ein Ausdruck hohen technischen Könnens. Ulms ältester Chronist Felix Fabri erwähnt
1488/89 schon 23 Röhrenkästen in der Stadt. Die „Röhrenkästen“ waren die reichsstädtischen Renommierstücke.
Die Versorgung der Bevölkerung mit Wasser, war die Hauptfunktion der Brunnen in der Stadt. Eine andere
Funktion hatten sie als gesellschaftlicher Treffpunkt. In einer Zeit in der es noch keine Tageszeitung gab, bot
der Gang zum Brunnen auch die Gelegenheit Informationen untereinander auszutauschen. Natürlich wurde
dort auch allerhand Unfug getrieben.
Als Ulm 1873 seine moderne Trinkwasserversorgung erhielt, wurde der Betrieb der letzten Brunnenwerke eingestellt.
Der Delphinbrunnen ist wohl der Brunnen, der am häufigsten seinen Platz gewechselt hat. Zunächst
wurde er im Hof des Museums – ohne die Delphine - aufgestellt. Ab 1911 als man auch noch die beiden letzten
Delphine auf dem Dachboden des städtischen Gas- und Wasserwerkes wiederfand, wurde der Brunnen auf
dem Taubenplatz in seiner ganzen Schönheit wieder hergestellt. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde er 1954
durch den Bau der Neuen Straße nach Süden versetzt. Im Jahr 2000 endlich zog er auf den neu gestalteten
südlichen Münsterplatz in unmittelbare Nähe der Valentinskapelle um.
10 | WISSENSCHAFTSSTADT
40 Jahre Wissenschaftsstadt Ulm
Wo Zukunft geschaffen wird
Die Endstation der Linie 2 ist die Wissenschaftsstadt auf dem Oberen Eselsberg. Hier – hoch über Ulm - ist mit
der Entstehung der Wissenschaftsstadt quasi eine eigene Stadt entstanden. Eine grüne Wissenschaftsstadt
mit 15.000 Studierenden und 17.000 Arbeitsplätzen. Es existiert die Geschichte, dass die Initialzündung zum
Bau einer Wissenschaftsstadt auf dem Oberen Eselsberg anscheinend bei einem guten schwäbischen Essen
mit Kässspätzle und Rostbraten im Restaurant „Engel“ geboren worden sei. Teilnehmer des Essens waren
der damalige Oberbürgermeister Ernst Ludwig, der damalige AEG Konzernchef Heinz Dürr und Prof. Theodor
Fliedner von der Uni Ulm. Die erste Ansiedlung von wissenschaftlichen Instituten und namhaften Firmen ging
1981 von der Universität Ulm aus, die seit eh und je Motor und Kraftzentrum der Wissenschaftsstadt ist.
Ähnliche Modelle einer Science City gab es in den 1980er Jahren nur in Japan und in den USA. In Deutschland
war dies aber völliges Neuland, das in Ulm betreten wurde. Die enge Verzahnung zwischen Universität,
Hochschule für Ingenieure, Forschungs- und Entwicklungsinstituten, deren Ergebnisse durch mittelständische
Firmen in marktfähige Produkte und Dienstleistungen umgesetzt werden, wurde zu einem Erfolgsmodell.
Geforscht wird in den Bereichen neuer Energien-, Informations- und Biotechnologie, sowie neuer Mobilität.
Beispielhaft ist das Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoffforschung (ZSW) zu nennen oder die
Ansiedlung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrttechnik, die den Quantencomputer der Zukunft
entwickeln. Ebenso wird Ulm heute die Batteriehauptstadt Europas genannt, fünf Ulmer Wissenschaftler, die
zu den weltweit besten Forschern in diesem Bereich gezählt werden, arbeiten mit Hochdruck an der Entwicklung
zukunftsträchtiger Batterien. Nicht zu vergessen die großen Kliniken wie RKU, Bundeswehrkrankenhaus
und die neue Chirurgie. Mit diesen Kliniken hat Ulm ein Klinikum der Maximalversorgung mit 5000 Arbeitsplätzen
geschaffen. Wenn man bedenkt, dass Ulm sich in den 1980er Jahren in einer massiven industriellen Krise
befand mit wegbrechenden Arbeitsplätzen, höchster Arbeitslosigkeit Baden-Württembergs von annähernd
10 % und sinkenden Einwohnerzahlen, ist dies eine unglaubliche Entwicklung.
Die Wissenschaftsstadt hat an vielen Stellen dafür gesorgt, dass ein neues, internationales und wirtschaftlich
starkes Ulm geschaffen wurde, das im deutschlandweiten Städteranking stets die vorderen Plätze belegt.
11 | ULM UND DER NEBEL
Ulm – Hauptstadt des Nebels?
Geradezu mystisch erscheint das Münster in Nebel eingetaucht. Ein Anblick den jeder/jede Ulmer*in kennt.
Zu den markantesten Merkmalen der Herbstzeit gehört der Nebel in Ulm. Das gilt vor allem für den November
und Dezember, wenn der Nebel in der Stadt nur wenig Licht zulässt. Dass die Ulmer den höchsten Kirchturm
der Welt nur bauten, um im November von da oben mal die Sonne zu sehen, ist eine böswillige Unterstellung.
Verantwortlich für die diesige Atmosphäre sind die vielen Gewässer (Donau, Iller, Blau) sowie die Lage am Fuße
der Schwäbischen Alb.
Im Stadtgebiet von Ulm muss man zwei Arten von Nebel unterscheiden: den Blautalnebel und den Donaunebel.
Beide unterscheiden sich in ihrer Art ziemlich wesentlich voneinander. Während auf der Alb auch Wolken als
Nebel in Erscheinung treten, handelt es sich beim Donaunebel um echten Nebel, der sich vom Boden aus durch
Abkühlung verbreitet. Diese entstehende Kaltluftschicht wird von dem oftmals vorhandenen Wind auf der Albhochfläche
verhindert. So lässt sich beobachten, wie sich im Donautal eine Nebeldecke ausbreitet, während
auf den Höhen klare Sicht herrscht. Jedoch durch die fortschreitende Erderwärmung, wird es auch in Ulm bald
nicht mehr so neblig werden.
Das doppelgiebelige Haus der Museumsgesellschaft wurde in Anlehnung an das im Zweiten Weltkrieg zerstörte
Haus fertiggestellt. Auffälligstes Merkmal ist die Fassade. Vor einem fast vollständig verglasten Bau hängt im
Abstand von etwa einem halben Meter ein roter Lamellenrahmen. Eine moderne Interpretation des bis 1944
vorhandenen Fachwerkhauses. Unter dem Doppelgiebel befinden sich großzügige Veranstaltungsräume mit
Galerien. In den darunter liegenden drei Geschossen befinden sich Büros. Im gewerblich genutzten Erdgeschoss
bilden einige Rahmen eine Art Arkadengang, der im Sommer von einer Café-Bar genutzt wird.
Das Haus der Museumsgesellschaft wird auch die „Obere Stube“ genannt. Im Neubau der Nachkriegszeit
war in der ersten Etage ein beliebtes Tanzlokal eingerichtet. Im Mittelalter war es der Gesellschaftsbau des
Ulmer Patriziats. Davor versammelten sich die Patrizier in der „Oberen Stube“ des Rathauses und danach
nannten sie sich „Stubengesellschaft“. Zur „Stubengesellschaft“ gehörten ab 1400: die Besserer, Ehinger,
Krafft, Neidhardt, Roth, Schad und Strölin, um nur einige zu nennen. Im Gegensatz zur Oberen Stube gab es
auch noch die Untere Stube, in der sich die Kaufleutezunft und die Krämer trafen. Die Zünfte versammelten
sich meist in Gasthäusern.
12 | WEIHNACHTLICHE GASSEN
Engel an der Ecke Herrenkeller- und Platzgasse
Zur Weihnachtszeit in Ulm gehören die mit Lichterketten und Engeln festlich geschmückten Gassen rund um
den Münsterplatz. Kann sich jemand Weihnachten ohne Lichter vorstellen? Denn gerade in der dunkelsten Zeit
des Jahres sehnen sich die Menschen nach Licht.
Die Geschichte der elektrischen Weihnachtsbeleuchtung beginnt in New York mit Thomas Alva Edison. Edison
war Ingenieur auf dem Gebiet der Elektrizität. 1880 erhielt er das Patent auf die Glühbirne. Seine große Leistung
war die Elektrifizierung von New York und die Einführung des elektrischen Lichts. Seine Erfindung markierte
den Beginn der umfassenden Elektrifizierung der industrialisierten Welt. 1878 wurde in New York die Edison
Electric Light Company gegründet. 1882 sorgte der Vizepräsident der Edison Electric Light Company für Aufsehen
zum Fest: Edward Johnson schmückte seinen Christbaum mit der weltersten Lichterkette. Reihenweise
blieben in den Weihnachtstagen 1882 die Menschen vor dem Haus von Johnson in Manhattan stehen. Jeder
versuchte einen Bick durch das Fenster in seinen Salon zu erhaschen. Denn was es dort zu sehen gab, war
eine kleine Sensation. Statt der üblichen Wachskerzen beleuchteten 80 blaue, rote und weiße Glühbirnen den
Weihnachtsbaum, der sich zudem auch noch langsam drehte. Aus einer Laune heraus hatte Johnson seinen
Techniker gebeten, eine Lichterkette mit kleinen Glühbirnen für seinen privaten Baum zu basteln. Das Ergebnis
war nicht nur originell, sondern zugleich futuristisch. Denn das Patent auf Edisons Glühbirne war kaum drei
Jahre alt. Nur wenige Haushalte hatten überhaupt einen Stromanschluss und es konnte sich damals niemand
vorstellen, dass die Idee sich jemals durchsetzen würde.
Johnsons beleuchteter Christbaum wurde von der Presse als Sensation gefeiert Die meisten Menschen aber
hatten zudem Angst vor der neuen Technik. Einfach weil sie nicht verstanden, wie sie funktionierte. 1895 ließ
sich der US –Präsident Grover Cleveland – inspiriert von Johnsons Christbaum die erste mit elektrischen Lichterketten
dekorierte Weihnachtstanne im Weißen Haus aufstellen. Für die meisten war der neue Schein unbezahlbar.
Erst mit der Elektrifizierung vieler Haushalte entwickelte sich die elektrische Lichterkette zum Massenprodukt.
Heute gilt Johnson als Vater der elektrischen Weihnachtsbeleuchtung.
Der erste öffentliche, elektrisch beleuchtete Weihnachtsbaum in Deutschland wurde 1924 in Weimar aufgestellt.
ÜBER UNS
Diese Kalenderprojekt entsteht in Zusammenarbeit der Ulmer Citymarketing und der Druck und Medien Zipperlen GmbH.
2022 haben wir gemeinsam zu einem Fotowettbewerb aufgerufen und die Gewinnerbilder in diesem Kalender veröffentlicht.
Natürlich bereichern auch 2023 die wundervollen und interessanten Texte von Ulrike Häufele den Kalender.
Viel Spaß beim Schmökern und Bilder geniessen!
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